Zukunftsträchtige Technologie
Additive Fertigung mit Metallen
Metalle werden aufgrund ihrer Materialeigenschaften wie Festigkeit, Temperaturbeständigkeit, Langlebigkeit, Biokompatibilität, Chemikalienbeständigkeit und Leitfähigkeit in den verschiedensten Branchen eingesetzt. Es stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten die additive Fertigung mit Metallen mit sich bringt und inwiefern die Fertigungsindustrie diese ausschöpfen kann.
Die traditionelle Metallverarbeitung ist ein Ausgangspunkt für jede Fachkraft aus den Bereichen Ingenieurswesen, Herstellung und Design. Von der Umformtechnik über das Gussverfahren bis hin zur Zerspanung – die Metallverarbeitung kommt in gewisser Weise in fast allen Branchen zum Einsatz. Selbstverständlich gibt es eine Reihe verschiedener Vorteile, die solche traditionellen Vorgänge mit sich bringen. Beim Feinguss machen sich die Ingenieure beispielsweise das ausgezeichnete Oberflächenfinish und die hohe Formstabilität in Zusammenhang mit fast allen Metallarten zunutze. Andererseits ist Feinguss extrem kostspielig, macht für kleine Anwendungen keinen Sinn und erfordert einen erheblichen Arbeitsaufwand. Die Liste herkömmlicher Metallverarbeitungstechniken sowie die damit einhergehenden Vorteile und Risiken ist aber noch länger. In vielen Branchen suchen die Unternehmen daher nach Möglichkeiten, traditionelle Verfahren mithilfe fortschrittlicher Technologien zu ersetzen, in der Hoffnung, Betriebsabläufe zu verbessern und Kosten zu senken. Zu diesen eingesetzten Technologien zählt die additive Fertigung.
Im Jahr 2018 wurde die globale additive Fertigungsindustrie auf über 9,3 Milliarden US Dollar geschätzt, wobei jährlich ein immer schnelleres Wachstum erwartet wird. Grundsätzlich bietet die Additive Fertigungstechnologie eine Reihe besonderer Vorteile. Die Anwender genießen eine beispiellose Designfreiheit, da traditionelle Designgrenzen an Bedeutung verlieren. Komponenten, die bisher kaum herstellbar waren, können einfach und kostengünstig mit einem 3D-Drucker gefertigt werden. Weitere Vorteile sind unter anderem die Gewichtsreduzierung, kürzere Vorlaufzeiten sowie verbesserte Leistung. Das gilt für die additive Fertigung mit Metallen genauso wie für die Techniken auf Basis von Thermoplasten. Etliche Expertenanalysen haben gezeigt, dass in bestimmten Anwendungsbereichen die additive Fertigung mit Metallen eine neue Ära in der Fertigung eröffnen könnte. Ein Beispiel dafür führt GE an. Das Unternehmen hat gezeigt, dass bei der Herstellung eines Gehäuses für eine Raketentreibstoff-Einspritzdüse mithilfe von additiver Fertigung mit Metallen die Anzahl der erforderlichen Einzelteile von 150 Bauteilen auf nur 2 Bauteile gesenkt und die Vorlaufzeit von 9 Monaten auf nur 10 Tage verkürzt werden konnte.
Schon ein flüchtiger Blick auf das Wachstum und die Investitionen in die additive Fertigung mit Metallen verdeutlicht das Potential dieser Branche. 2016 wurden weltweit mehr als 1000 Maschinen für additive Fertigung mit Metallen verkauft. Unternehmen, wie GE, UTC und Alcoa investieren in erheblichem Umfang in diese Technologie. Jeweils 1,3 Milliarden, 75 Millionen beziehungsweise 60 Millionen US-Dollar. Derzeitigen Prognosen zufolge wird die Branche weiterhin um eine jährliche Rate von 47 Prozent wachsen und 2026 vermutlich ein Marktvolumen von 7 Milliarden US-Dollar erreichen. Die führenden Unternehmen, die eine solche Einbindung befürworten, stammen aus den Branchen der industriellen Fertigung, der Automobilindustrie sowie der Luft- und Raumfahrt. Für Endanwender, die eine Einbindung in ihr Unternehmen anstreben, bedeutet dieses Potenzial jedoch wenig, solange sie nicht die Vor- und Nachteile der derzeitig auf dem Markt erhältlichen Technologie erkennen.
Vorteile und Einschränkungen der additiven Fertigung mit Metallen
Generell werden vornehmlich vier Techniken in der Welt der additiven Fertigung mit Metallen angewandt. Die erste Technik, das pulverbettbasierte Schmelzen (PBF – Powder Bed Fusing), wird am häufigsten für additive Fertigung mit Metallen eingesetzt. Sie erfolgt mithilfe eines Laser- oder Elektronenstrahls und bietet komplexe Formen, Präzision und Materialwiederverwendung. Materialauftrag mit gerichteter Energieeinbringung (DEC oder DMD) steht bei den Verfahren an zweiter Stelle. Es beruht auf pulver- oder strangförmigem Material und bietet als Vorteile hohe Produktivität, große Bauteile und niedrige Materialkosten. Beim Powder Binding (PB) wird ein Bindemittel auf ein Metallpulverbett gesprüht, um ein „grünes Teil“ zu formen. Dabei entstehen nur geringe Verarbeitungs- und Betriebskosten, und es kann gleichzeitig ein hoher Durchsatz erreicht werden. Abschließend ist noch das Metal Jetting (MJ) zu erwähnen, bei dem die Druckköpfe Tropfen mit Metall-Nanopartikeln abgeben. Dieses Verfahren dient zum Erstellen von Bauteilen in hoher Qualität.
Bei allen heute auf dem Markt erhältlichen Technologien der additiven Fertigung mit Metallen bestehen jedoch auch einige Nachteile, die einer Einbindung weiterhin im Wege stehen. Sowohl die Kosten für die Anschaffung als auch die Fertigungskosten pro Bauteil sind bei den meisten, wenn nicht sogar bei allen der oben genannten Technologien außerordentlich hoch. Derzeitige Technologien erfordern einen unverhältnismäßig hohen Wartungsaufwand sowie den Einsatz einer inerten Umgebung (auf Stickstoffbasis). Zudem können Vor- und Nachbearbeitungsphasen ausgesprochen komplex sein.
Bei der Vorbereitung muss sich der Anwender mit Hochtemperaturprozessen auseinandersetzen, die für das Laser-Sintern erforderlich sind. Bei der Nachbearbeitung sind häufig unverhältnismäßig umfangreiche Bearbeitungsvorgänge erforderlich, um die Verankerung und inneren Stützstrukturen zu entfernen. Die Nachbearbeitung kann heute oft genauso viel Zeit wie der Druck selbst in Anspruch nehmen. Mehr als doppelt so viel Zeit ist für die Erstellung der endgültigen Teile erforderlich. Darüber hinaus sind zusätzliche Sicherheitsrisiken zu berücksichtigen. Bei Metallpulvern besteht häufig Explosionsgefahr – sie können beim Ausfegen Feuer fangen –, während Laser- oder Elektronenstrahlen zusätzliche Sicherheitsrisiken mit sich bringen.
Die Einschränkungen und Risiken der Technologie machen es der Industrie bislang unmöglich, auf additive Fertigung mit Metallen umzustellen. Die kürzlich angekündigte Layered Powder Metallurgy (LPM) könnte der Schlüssel dazu sein, viele dieser Probleme aus dem Weg zu räumen. LPM wurde in den vergangenen Jahren intern entwickelt. Bei dieser Technologie wird das geistige Eigentum im Bereich der Jetting-Technologie von Stratasys mit herkömmlich verwendeter Pulvermetallurgie kombiniert, für das Aluminiumpulver angeboten werden, die künftig noch um weitere Legierungen ergänzt werden sollen. Die LPM-Lösung besteht aus einem dreistufigen, additivem Fertigungsprozess. Bei diesem Prozess werden Konturen mit urheberrechtlich geschütztem Thermaldruckmaterial gedruckt, Pulver abgegeben und verteilt und dann die Pulverschichten verdichtet, um eine hohe Dichte und kontrollierbare Schrumpfung zu erreichen.
Das Endergebnis soll hinsichtlich der Stückkosten und des Durchsatzes wirtschaftlich und leicht nachzubearbeiten sein und eine hohe Bauteilqualität bieten. Interne Prüfungen von Stratasys und seinen OEM-Partnern haben ergeben, dass durch LPM die Stückkosten, im Vergleich zu anderen, heute verfügbaren Technologien der additiven Fertigung mit Metallen, um bis zu 80 Prozent gesenkt werden können. Außerdem werden komplexe Vor- und Nachbearbeitungsprozesse einfacher gestaltet, indem das Entfernen der Stützstruktur von mehreren Stunden auf nur einige Minuten verkürzt und der Druckvorgang bis zum fertigen Teil zehnmal schneller durchgeführt wird, als bei bestehenden Lösungen der additiven Fertigung mit Metallen. Diese Vorteile wurden bereits durch die frühzeitig einsetzbaren OEM-Partner an vorderster Front ihrer jeweiligen Branchen umgesetzt. Dabei ging es um Anwendungen des funktionalen Prototypings und Kleinserienfertigung für Luft- und Raumfahrt, Automobilindustrie sowie um den potentiellen Einsatz in der Rüstungsindustrie.
Endlich ist der Markt der additiven Fertigung mit Metallen an dem Punkt angelangt, in der tatsächlichen Herstellung eingesetzt zu werden. Jetzt, nachdem die technischen Hürden schrittweise abgebaut werden, können Hersteller beginnen, diese Technologie als tatsächlich zukunftsträchtige und wettbewerbsfähige Alternative zur traditionellen Metallverarbeitung einzusetzen.
Andreas Langfeld, President EMEA Stratasys / am