Funktionsintegration: 3D-Druck mit konturnaher Kühlung

pb,

Von acht Wochen auf fünf Tage

Der Lehrstuhl für Mikrofluidik der Universität Rostock bearbeitet zusammen mit Stenzel MIM Technik aus Tiefenbronn bei Pforzheim ein Projekt zum Druck eines 3D-MIM-Spritzgießwerkzeugs (Metallspritzgießen). Grundlage der Entwicklung ist der Einsatz der CEM-Technologie von AIM3D mit einer ExAM 255-Anlage.

Multimaterial-3D-Drucker ExAM 255 © AIM3D GmbH Rostock

Die ExAM 255-Anlage vereinigt hohe Präzision der 3D-Bauteile mit hohen Aufbaugeschwindigkeiten für das Additive Manufacturing. Die Bereitstellung eines MIM-Werkzeuges durch ein AM-Verfahren verkürzt gegenüber einem konventionellen Ansatz in der Zerspanung den Zeitaufwand von rund acht Wochen auf zirka fünf Tage.

Im Rahmen eines durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Projektes ist das 3D-MIM-Werkzeug eine Kooperationsentwicklung des Lehrstuhls für Mikrofluidik (LFM) der Universität Rostock mit dem Unternehmen Stenzel MIM Technik. Die Projektlaufzeit dauert von April 2021 bis Oktober 2023. Verfahrens- und anwendungstechnische Grundlage ist der Einsatz der CEM-Technik von AIM3D, umgesetzt auf einer ExAM 255-Anlage. Das Projekt stellt den aktuellen Stand der Technik im 3D-Metalldruck dar.

3D-Werkzeug mit konturnaher Kühlung

MIM-Werkzeug hergestellt im CEM-Verfahren © AIM3D GmbH Rostock

Die Aufgabenstellung des Projekts war der 3D-Druck eines Werkzeuges für das Metallspritzgießen mit konturnaher Kühlung. Im 3D-Druck kann die konturnahe Kühlung mit Wendelkanälen als sogenannte Funktionsintegration direkt im Werkzeug abgebildet werden. Anders als bei größeren Werkzeugen, die als Inlets eingebettet werden. Ziel jeder konturnahen Kühlung von Spritzgießwerkzeugen von Metallen oder Polymeren ist es, die Zykluszeit deutlich zu reduzieren. Das Prinzip einer konturnahen Kühlung beruht darauf, durch konturnahe Kühlkanäle mit niedrigen Querschnitten Kühlmittel-Fluids zu führen. Sie kühlen das Bauteil bereits während des Zyklus.

Anzeige

Aus acht Wochen werden fünf Tage

Im Resultat ergibt sich eine schnellere Entformung, die den Zyklus entscheidend verkürzt. Die komplexe Geometrie der Kühlkanäle in Wendeltechnik entsteht mit Hilfe von CAD-Technik unter Einsatz von Simulationsmodellen, die sich an den „Bedürfnissen“ des Bauteils orientieren.

Ein 3D-Werkzeug für das Metallspritzgießen entsteht auf einer ExAM 255 © AIM3D GmbH Rostock

Langjährige Erfahrungswerte liegen bei rund 20 Prozent Zykluszeitverkürzung, allerdings in Abhängigkeit von Wandstärken und Größe. Der 3D-Druck bietet als integrierte Bauteillösung den Vorzug einer „One-Shot-Technik“ als Funktionsintegration gegenüber formgebundenen Verfahren. Das Anwendungsbeispiel ist daher eine Möglichkeit, die „Time-to-Market“-Zeit drastisch zu reduzieren. Ziel des Kooperationsprojekts ist es, eine neue Prozesskette zur kostengünstigen und schnellen Fertigung von MIM-Spritzgießwerkzeugen zu entwickeln. Bisher werden Zeiträume von bis zu acht Wochen benötigt, um ein konventionelles MIM-Spritzgießwerkzeug zu fertigen. Durch den 3D-Metalldruck kann die Bereitstellungszeit eines MIM-Werkzeuges auf etwa fünf Tage reduziert werden.

Details der Werkzeugentwicklung

Im Rahmen der Kooperation wurde zunächst ein optimiertes 3D-Modell des Werkzeuges mit Hilfe von CAD- und Simulations-Tools entwickelt. Diese Daten wurden dann auf die CEM-Anlage ExAM 255 mit den notwendigen Prozessparametern übertragen. Im 3D-Druck entsteht ein sogenanntes „Green Part“ auf dem 3D-Drucker. Nach dem 3D-Druck wird in einem mehrstufigen Verfahren das Bauteil gesintert, um die endgültigen Materialeigenschaften zu erzeugen. Mit diesem Verfahren können nach den notwendigen Entbinder- und Sinterprozessen schnell komplexe metallische Bauteile hergestellt werden.

Projektleiter Dr. Abdullah Riaz vom Lehrstuhl für Mikrofluidik der Universität Rostock (LFM): „Mit dem CEM-Verfahren können sowohl die Material- als auch die Maschinenkosten gesenkt und gleichzeitig die Probleme der additiven Fertigung bezüglich Eigenspannungen und Materialanpassungen an den einzelnen Maschinen umgangen werden. Werkzeuge können auf diese innovative Weise vier- bis acht Mal schneller und gleichzeitig kostengünstiger hergestellt werden.“ © AIM3D GmbH Rostock

Gleichzeitig ermöglicht das CEM-Verfahren die Beherrschung des volumetrischen Schrumpfens, der mit dem Sintern verbunden ist. Die Form hat eine Kavität. Das Bauteil besteht aus einem dickwandigen Teil mit dünnen Finnen. Diese Finnen lassen sich ohne konturnahe Kühlung nicht umsetzen, da schlecht entformbar. Stenzel MIM Technik erhofft sich speziell für dieses Bauteil eine signifikante Zykluszeiteinsparung von 70 bis 80 Prozent. Spritzgießversuche zur Erprobung stehen aber noch aus.

Werkstoffvielfalt mit dem ExAM 255

Der Multimaterial-3D-Drucker ExAM 255 kann werkstoffübergreifend (Metall, Kunststoff, Keramik) und verfahrensübergreifend (hybride Bauteile) eingesetzt werden. Gegenüber den Pulverbettverfahren oder auch anderen 3D-Druck-Verfahren, die auf Materialien mit Filamenten zurückgreifen, erreichen die Anlagen des CEM-Verfahrens Zugfestigkeiten, die an das klassische thermoplastische, formgebundene Spritzgießen heranreichen. 

Anzeige
Jetzt Newsletter abonnieren

Das könnte Sie auch interessieren

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige