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Auf direktem Weg schneller

Die Photovoltaik ist eine relativ junge Branche, in der sich die Produktionsprozesse ständig ändern. Entsprechend schnell und flexibel muss die Firma Jonas & Redmann, die Automatisierungslösungen für die Herstellung von Solarzellen anbieten, auf neue Kundenanforderungen reagieren. Der Einsatz der PTC-Lösung Creo Elements/Direct in Verbindung mit Model Manager und ERP-Anbindung erleichtert die Wiederverwendung vorhandener Konstruktionen bei neuen Kundenprojekten.

Maschinenbauer aus Leidenschaft

"Wir sind Maschinenbauer aus Leidenschaft" lautet das Credo der Jonas & Redmann-Gruppe, die 1989 im Jahr des Mauerfalls als Zweimannbetrieb in Berlin gegründet wurde. Das Ingenieurbüro entwickelte anfänglich vor allem Sondermaschinen für Kunden in der Bekleidungsindustrie und Medizintechnik, darunter so bekannte Namen wie Hugo Boss oder Braun Melsungen, verfolgte aber von Anfang an das Ziel, die gesamte Wertschöpfungskette abzudecken, das heißt die Maschinen auch selber zu produzieren, wie Stefan Jonas, einer der beiden Gründer des inhabergeführten Familienunternehmens sagt. Der Durchbruch kam 1999 mit dem Einstieg in die Photovoltaik, die heute das stärkste Standbein der Firma ist. Seitdem ist die Mitarbeiterzahl von 20 auf 720 explodiert und das Umsatzvolumen auf über 100 Millionen Euro geklettert. Das Geschäftsfeld Photovoltaik ist dank des Booms der erneuerbaren Energien in den letzten Jahren stürmisch gewachsen und liefert heute Automatisierungslösungen für den gesamten Herstellungsprozess kristalliner Silizium-Solarzellen, von der Inspektion der Waver über das Be- und Entladen der verschiedenen Prozessmaschinen bis zur Zellklassifizierung am Ende der Prozesskette. Vervollständigt wird das Produktspektrum durch intelligente Transport- und Lagersysteme. Außerdem entwickelt die Firma JRT Photovoltaics in Teningen, seit 2008 eine 60-prozentige Tochtergesellschaft von Jonas & Redmann, Anlagen zur Bedruckung kristalliner Solarzellen im Siebdruckverfahren. Eingesetzt werden die Produkte von Jonas & Redmann als Einzelplatz- oder Systemlösungen bei allen führenden Solarzellen-Herstellern der Welt. Die Firmengruppe unterhält Vertriebs- und Service-Niederlassungen in Taiwan, USA und Korea, die sich vor Ort um den Aufbau der Anlagen kümmern.

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Lieferzeiten annähernd halbiert

Der Photovoltaik-Markt ist sehr schnelllebig, was zur Folge hat, dass die Produkte extrem kurze Lebenszyklen haben. Die Maschinen müssen kontinuierlich verändert werden, um sie an die Kundenanforderungen hinsichtlich der eingesetzten Prozessanlagen, aber auch an die Weiterentwicklung der Prozesstechnik anzupassen. "Obwohl wir versuchen, unsere Produkte durch ein Baukastensystem zu standardisieren, ist unser Engineering-Anteil sehr hoch", sagt Jonas. "Die Herausforderung für unsere Entwickler besteht darin, dem Kunden möglichst schnell eine kostengünstige Lösung zu präsentieren, denn wir konkurrieren von der Zeit und den Kosten her oft mit Herstellern von Standardmaschinen. Unser Vorteil im Wettbewerb ist, dass wir für bestimmte Prozessanlagen als einziger Anbieter eine Lösung anbieten." Das Unternehmen liefert pro Jahr etwa 250 Anlagen an Kunden in aller Welt aus, die zum Teil sehr komplex sind, gerade was die Steuerungstechnik anbelangt. Trotzdem ist es der Firma gelungen, die Lieferzeiten in den letzten fünf Jahren von durchschnittlich acht auf viereinhalb Monate zu verkürzen. Oft haben die Konstrukteure nur drei bis vier Wochen Zeit, um ausgehend von den bestehenden Maschinen eine kundenspezifische Lösung zu entwickeln, wie Konstruktionsleiter Lars Venhues erläutert: "Wenn man mit vielen Konstrukteuren aus einer Vielzahl bestehender Bauteile neue erschaffen muss, kann man keine Rücksicht darauf nehmen, wie sie ursprünglich mal aufgebaut wurden. Aus diesem Grunde setzen wir die historienfreie Modellierung ein. Der Vorteil unseres 3D-Systems ist, dass wir unsere CAD-Modelle damit völlig frei verändern können." Die Mitarbeiter in der Konstruktionsabteilung - mittlerweile über 40 Konstrukteure und Technische Zeichner - nutzen seit neun Jahren die PTC-Lösung Creo Elements/Direct (ehemals CoCreate Modeling), mit der man seine 3D-Modelle ohne Konstruktionshistorie erzeugt: "Wir haben kaum Teilefamilien, bei denen sich die Parametrisierung lohnen würde", sagt Jonas, der anfangs noch selbst mit dem 3D-CAD-System gearbeitet hat. Aufgrund des starken Wachstums des Geschäftsfelds der Photovoltaik und der kurzen Produktlebenszyklen konnte man einen klaren Schnitt machen und die Konstruktion in kurzer Zeit komplett auf 3D umstellen. Der konsequente 3D-Einsatz hat maßgeblich dazu beigetragen, dass das Unternehmen den Zeitaufwand für Änderungskonstruktionen spürbar reduzieren konnte, wie Jonas weiter ausführt.

Standortübergreifende Datennutzung

Vom 3D-Einsatz profitiert nicht aber nur die Konstruktion, sondern praktisch das gesamte Unternehmen. Abgesehen von der Personalabteilung und dem Controlling greifen alle Abteilungen über die CAD-Datenverwaltung Creo Elements/Direct Model Manager auf die 3D-Modelle zu - der Vertrieb bei der Angebotserstellung, die Elektrokonstruktion, die CNC-Programmierung, die Mitarbeiter in der Montage, die technische Dokumentation, die ihre Ersatzteillisten mit Explosionsdarstellungen der 3D-Modelle illustriert, und auch die Techniker, die sich um Inbetriebnahme und Service der Anlagen kümmern: "Ein großer Nutzeneffekt bei den ständig wechselnden Maschinen ist, dass wir keine Montage-Zeichnungen mehr erstellen müssen. Die Mitarbeiter in der Montage können die 3D-Modelle mit einer Viewing-Lizenz des CAD-Systems gleich im nativen Format visualisieren und bei Bedarf Maße abgreifen oder Schnitte legen", sagt Venhues. "Das hat zudem den Vorteil, dass wir Änderungen sehr schnell an die Montage kommunizieren können." Creo Elements/Direct wird derzeit auf etwa 53 CAD-Arbeitsplätzen eingesetzt. Weitere zehn Lizenzen sind bei der Tochterfirma JRT installiert, deren Konstrukteure in der Vergangenheit mit einem parametrischen CAD-System arbeiteten. "Der Systemwechsel bedeutete für die Konstrukteure bei JRT natürlich eine Umstellung, aber sie haben schnell erkannt, dass man mit dem direkten Modelliersystem viel intuitiver arbeiten kann", sagt Jonas und Venhues ergänzt: "Die Kollegen in Teningen waren begeistert als sie gesehen haben, dass sie mit unserem System mehrere Maschinen auf einem Laptop darstellen und bearbeiten können." Die Vereinheitlichung der CAD-Landschaft war notwendige Voraussetzung, um bestimmte Konstruktionen an beiden Entwicklungsstandorten nutzen zu können. Unterstützt wird das Daten-Sharing seit kurzem durch ein standortübergreifendes CAD-Datenmanagement auf Basis von Creo Elements/Direct Model Manager: Während die Metadaten zentral in Berlin liegen, werden die CAD-Modelle und Zeichnungen lokal verwaltet, was die Zugriffszeiten verkürzt. Im Prinzip handelt es aber sich um eine einzige, gespiegelte Datenbank, die über zwei Server verwaltet wird, so dass beide Standorte auf dieselben Daten zugreifen und freigegebene Konstruktionen gemeinsam verwenden können, egal wer sie erstellt hat.

Wiederverwendung von Baugruppen

Welche Teile und Baugruppen wieder verwendet werden können, diskutieren die Anwender in regelmäßigen Besprechungen auf Fachebene. "Wir haben derzeit so viele mögliche Baugruppen-Konstellationen, dass sich die Thematik nicht über eine Klassifizierung mit Suchalgorithmen abbilden lässt", sagt Venhues. Wenn Teile geändert werden sollen, legen die Konstrukteure entweder neue Artikel an oder versionieren die bestehenden Dateien in Absprache mit den Kollegen, die diese Teile erzeugt oder verbaut haben. Im neuen ERP-System soll künftig ein elektronischer Änderungs-Workflow eingerichtet werden, um den Abstimmungsprozess zu vereinfachen, wie Jonas sagt. In Vorbereitung der ERP-Einführung hat man außerdem damit begonnen, im Model Manager verschiedene Status zu hinterlegen, um Materialstammdaten und Produktstrukturen statusgestützt mit dem ERP-System abgleichen zu können. Jonas & Redmann führte die CAD-Datenverwaltung Creo Elements/Direct Model Manager ursprünglich mit dem Ziel ein, den wachsenden Bestand an 3D-Modellen bei Anpassungen effizienter zu nutzen. "Der Model Manager macht es leichter, Teile zu standardisieren und untereinander austauschen bzw. in mehreren Baugruppen einzusetzen", erläutert Venhues. Das Thema Teilewiederverwendung spielt für den Sondermaschinenbauer ein wichtige Rolle - immerhin umfasst die Datenbank mittlerweile 100.000 Teile, darunter natürlich auch Zukaufteile und Altkonstruktionen, die nicht mehr aktiv sind. Viele Teile werden nur einmal produziert, bevor der nächste Entwicklungsschritt kommt, aber es gibt auch Kleinserien von bis zu Tausend Teilen und Komponenten, die man normalerweise extern fertigen lässt und bei denen sich die Wiederverwendung auch aus logistischer Sicht lohnt. Um den Wiederverwendungsgrad zu erhöhen und die Durchlaufzeiten zu verkürzen, hat die Konstruktion vor zwei Jahren angefangen, bestimmte Baugruppen soweit zu standardisieren, dass sie ohne oder mit möglichst wenigen Änderungen in unterschiedlichen Maschinen eingesetzt werden können: "Typisches Beispiel ist eine Pufferkassette, die Materialflussschwankungen zwischen zwei Stationen ausgleicht. Die kann man dann in einer anderen Maschine oder an einer anderen Stelle einsetzen und sie erfüllt dort einen ähnlichen Zweck", erläutert Venhues. Gleichzeitig hat man die Arbeitsweise dahingehend geändert, dass der einzelne Konstrukteur bei größeren Projekten nicht nur für eine komplette Maschine, sondern für bestimmte Stationen verantwortlich ist, die in allen Maschinen des Projekts eingesetzt werden. Diese Form der Teamarbeit wäre ohne Model Manager gar nicht möglich.

Inneo realisiert die ERP-Integration

Implementiert wurde die CAD-Datenverwaltung von der Firma Inneo, mit dem Jonas & Redmann schon seit ca. zehn Jahren zusammenarbeitet. Die Mitarbeiter des Ellwanger Systemhauses konfigurierten die Anwendung entsprechend den Kundenanforderungen, unterstützen die Anwender bei der Übernahme der bestehenden 3D-Modelle in die Datenbank und stehen ihnen bei Support-Anfragen zur Verfügung. Darüber hinaus analysierte der Anbieter im Rahmen eines Optimierungsprojektes die bestehenden Abläufe in der Produktentwicklung und anderen Bereichen und schlug einer Reihe von Verbesserungen vor, unter anderem die Kopplung der CAD-Datenverwaltung an das neue ERP-System. Jonas & Redmann setzte bislang kein richtiges ERP-System ein, sondern pflegte Artikelstammdaten und Stücklisten in einer Excel-basierten Anwendung, was relativ zeitaufwendig und fehleranfällig war. Um das inzwischen erreichte Auftragsvolumen effizienter abwickeln zu können, ersetzt man diese Anwendung zurzeit durch ein kommerzielles ERP-System, dass die gesamte Wertschöpfungskette vom Auftragseingang bis zum Service unterstützen soll. Die Anbindung an die CAD-Datenverwaltung wird mit Hilfe der Schnittstellen-Lösung iFactory realisiert: "Inneo verfügt zum Glück über das nötige SAP-Know-how und hat mit der Firma, die unser neues ERP-System implementiert, auch schon bei Integrationsprojekten zusammengearbeitet", sagt Jonas. Die Planung für die Model Manager-Integration sieht vor, beim Einchecken eines neuen Bauteils in die CAD-Datenbank einen neuen Artikel im ERP-System anzulegen, bereits in Model Manager definierte Stammdaten wie Benennung, Werkstoffe, Oberflächen etc. an das ERP-System zu übergeben und im Gegenzug die ursprüngliche Bauteilnummer mit der Artikelnummer des ERP-Systems zu überschreiben. Weiterhin soll über die Schnittstelle die in der Konstruktion definierte Produktstruktur als eine Art Basis-Stückliste übergeben werden, um sie im ERP-System zu vervollständigen und zu pflegen. Unklar ist zur Zeit noch, ob man nur die Ersterstellung der Stückliste aus dem Model Manager anstoßen oder auch eine Aktualisierung der Stückliste zulassen wird, wenn der Konstrukteur zum Beispiel ein neues Bauteil in die Struktur einfügt. "Wahrscheinlich entkoppeln wir die Stückliste aber nach der Ersterstellung, um zu vermeiden, dass durch eine Aktualisierung automatisch sofort eine Bestellung ausgelöst wird", erklärt Venhues. Stefan Jonas verspricht sich von der Einführung der ERP-Lösung und der Model Manager-Anbindung eine spürbare Reduzierung des Aufwands für die manuelle Eingabe und Pflege der Bestelllisten und eine Entlastung der Konstrukteure von nicht-konstruktiven Tätigkeiten: "Unsere Konstruktion ist derzeit noch sehr stark in den Beschaffungsprozess involviert. Wann welche Teile gebraucht werden, können künftig die Einkäufer oder Logistiker entscheiden. Dadurch wird der gesamte Prozess transparenter und schlanker, was sich positiv auf die Durchlaufzeiten auswirkt." Nach Einschätzung von Lars Venhues wird die ERP-Kopplung außerdem die Kontrolle des Teilebestands erleichtern und zu einer besseren Teilewiederverwendung beitragen. lg

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