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Je mehr Elektrik und Elektronik in unseren Produkten steckt, desto mehr Verbindungen sind erforderlich. Davon profitieren Firmen wie Molex, einer der weltweit führenden Hersteller von Steckverbindungen. Das Management ruht sich jedoch nicht auf diesen Lorbeeren aus, sondern hat dem Unternehmen eine neue Struktur verordnet, mit dem Ziel, das globale Zusammenspiel der Organisation zu verbessern. Statt der regionalen Gliederung gibt es künftig fünf global operierende Divisionen, die nach Anwendungsbereichen aufgestellt sind und ihre Produkte über eine einzige Vertriebsorganisation vermarkten. Vorreiter bei der Umstrukturierung ist die Automotive-Division, die eines ihrer europäischen Entwicklungszentren in Ettlingen hat. „Unsere Entwickler werden künftig mit den Kollegen weltweit enger zusammenarbeiten und ihre Konstruktionen gemeinsam nutzen“, erläutert Gary Hart, European CAD-Manager bei Molex, die Konsequenzen der globalen Neuausrichtung. „In der Vergangenheit konnte es vorkommen, dass Ingenieure in Europa und Japan an ähnlichen Produkten arbeiteten, ohne voneinander zu wissen.“
Auch für ein global aufgestelltes Unternehmen wie Molex ist die globale Produktentwicklung mit Projektteams, die sich aus Mitarbeitern verschiedener Standorte rekrutieren, Neuland. „Eine unserer größten Herausforderungen ist die Kommunikation zwischen den Anwendern verschiedener Einheiten, die nicht alle Englisch als Muttersprache sprechen“, sagt Hart. „Da ist es von Vorteil, dass zumindest unsere CAD-Systeme eine Sprache spricht, nämlich das Cocreate-Format. Um die Kommunikation zwischen den Anwendern flüssiger zu gestalten, möchten wir gerne die Collaboration-Plattform http://Onespace.net nutzen, mit der man Dinge sehr gut visuell erläutern kann. Das Problem ist nur, dass wir nie wissen, ob die Bandbreite unseres Netzes zum Zeitpunkt der Online-Sitzung ausreicht, um in Echtzeit zu kommunizieren, vor allem wenn wir es mit Ländern wie China zu tun haben.“ Die Software ist ein wesentlicher Bestandteil der PLM-Lösung der dritten Generation (3G PLM) von Cocreate, die sehr gut mit den PLM-Anforderungen von Molex harmoniert. Die globale Produktentwicklung stellt neue Anforderungen an das Product Lifecycle Management (PLM), wie Hart weiter sagt: „Wir wollen erfassen, wie schnell wir mit unseren Produkten auf dem Markt sind und wo es im Prozess zu Verzögerungen kommt, um den Informationsfluss von der Produktentwicklung über die verschiedenen Phasen des Werkzeugbaus bis in die Produktion zu verbessern. Und wenn das Produkt dann in die Produktion geht, müssen wir jederzeit feststellen können, wo es gerade produziert wird, damit die Ingenieure bei Änderungen beurteilen können, wer alles involviert ist und seine Stellungnahme abgeben muss. Dazu müssen Entwicklung- und Fertigungsprozess enger verzahnt werden.“
PLM und ERP verbinden
Der Änderungsprozess ist bei Molex im SAP-System abgebildet, das weltweit an allen Standorten installiert ist und im wesentlichen die Fertigung steuert. Außerdem stellt es sicher, dass das Unternehmen seine Produkte weltweit zu einheitlichen Preisen anbietet. Neue Materialstämme und Stücklisten legen die Entwickler hingegen im Produktdaten-Management-System (PDM) an. Molex löst derzeit das bestehende PDM-System durch die Software Onespace Model Manager von Cocreate ab, was mit ein Grund dafür ist, dass es noch keine richtige PDM/ERP-Integration gibt, so dass die Stammdaten und die dazu gehörigen Dokumentnummern im ERP-System manuell eingepflegt werden müssen. Sobald der weltweite Roll-Out von Onespace Model Manager abgeschlossen ist und die CAD-Software auf dem aktuellen Stand sind, will man eine Schnittstelle schaffen, um diese Daten und andere Informationen wie zum Beispiel die Versionsstände austauschen zu können. Die einzige Information, die derzeit automatisch zwischen beiden Systemen abgeglichen wird, ist der so genannte „Lab Code“. Er gibt darüber Auskunft, an welchem Standort eine CAD-Datei bearbeitet werden darf. „Diese Information benötigen wir unbedingt im SAP-System, damit man bei einer Änderungsanfrage sofort weiß, wo sich der Eigner des Dokuments befindet“, erklärt Hart. Allerdings stellt im Zuge der Globalisierung der Produktentwicklung die Frage, ob man die Bindung der Zugriffsrechte an einen Standort nicht durch flexiblere Mechanismen ersetzen sollte, damit Teammitglieder unabhängig von ihrem Standort die Dateien bearbeiten können. Gary Hart kann sie durchaus vorstellen, dass man bei zeitkritischen Projekten künftig an Standorten in Europa, USA und Fernost rund um die Uhr entwickelt.
Zentrale Haltung der Metadaten
Während die CAD-Daten auf lokalen Datei-Servern an den einzelnen Standorten abgelegt werden, um einen schnellen Zugriff zu gewährleisten, liegen die PDM- beziehungsweise Metadaten auf einem zentralen Server am Stammsitz des Unternehmens in Chicago. Das ist gerade mit Blick auf die globale Produktentwicklung von Vorteil, wie Gary Hart erläutert, „weil es bei Standorten in allen Zeitzonen sehr schwierig ist, ein Zeitfenster für die Synchronisation der Daten im 24-Stunden-Takt zu finden, in dem nach Möglichkeit niemand arbeitet.“
Trotz der verteilten Datei-Server können die Ingenieure auf die Daten aller Standorte weltweit zugreifen und sie herunterladen, sofern sie wissen, was sie suchen. Um ihnen die Suche nach vorhandenen Konstruktionen zu erleichtern, baut Molex in SAP zur Zeit ein globales Klassifizierungssystem auf, in dem auch die Vorschläge erfasst werden sollen, die nicht die Zustimmung des Kunden gefunden haben. „Darüber hinaus bietet Onespace Model Manager im Vergleich zum Vorgängersystem wesentlich umfassendere Suchmechanismen einschließlich der Möglichkeit, die gewünschte Datei anhand einer Vorschaubildes zu identifizieren“, erklärt Hart. Obwohl die Automobil-Kunden Molex gelegentlich drängen, ihr bevorzugtes CAD-System einzusetzen, konstruiert das Unternehmen seine Produkte mit Cocreate-Software. Man entschied sich für diesen Hersteller, weil die Software einfacher zu bedienen war, die dynamische Modelliertechnik den Anforderungen der Ingenieure und ihrer Arbeitsweise mehr entgegen kam als der historienbasierte Ansatz der parametrischen Systeme und weil die Modellgrößen und Ladezeiten um ein Vielfaches geringer waren.
Dieser Punkt ist mit der globalen Zusammenarbeit in der neuen Organisationsstruktur eher noch wichtiger geworden. Die dynamische Modelliertechnik erlaubt es den Ingenieuren, Modelle von anderen Standorten aufzurufen und mit ihnen weiter zu arbeiten, als hätten sie sie selber erstellt.
Sogar Fremddaten aus anderen CAD-Systemen lassen sich problemlos importieren und weiter verarbeiten, weil Parameter und Entstehungsgeschichte für die Modifikationen nicht benötigt werden. Vorraussetzung für die erfolgreiche Weiterverarbeitung ist allerdings eine ausreichende Genauigkeit. „Jeder in dieser Industrie weiß wie schwierig es ist, Informationen zwischen verschiedenen CAD-Systemen auszutauschen, weil jeder Hersteller aus verständlichen Gründen sein Dateiformat zu schützen versucht“, sagt Hart.
Molex setzt die CAD-Software nicht nur für die Produktentwicklung ein, sondern auch für die Konstruktion von Spritzguss- und Blechumformwerkzeugen. Die Firma hat zu diesem Zweck sogar eine Zusatzanwendung programmiert, die es den Ingenieuren erlaubt, ihre Formen unter Nutzung von Standards wesentlich schneller aufzubauen und vor allem den Prozess der Zeichnungsableitung zu automatisieren. „Diese Zusatzanwendung hilft uns, in der Werkzeugkonstruktion bestimmte Standards zu etablieren und dadurch die Markteinführungszeiten für die Produkte zu verkürzen.“ Daneben nutzen die Konstrukteure die Funktionen für die Modellierung von Freiformflächen, für die 3D-Dokumentation und für die Vereinfachung, letztere unter anderem um Modelle für die Kommunikation mit Kunden inhaltlich abzuspecken.
Fazit: Gary Hart ist davon überzeugt, dass das Unternehmen gerade mit Blick auf die neuen Herausforderungen der globalen Produktentwicklung auf das richtige Pferd gesetzt hat. Die Kombination aus dynamischer Modelliertechnik, schlanker Datenverwaltung und webbasierter Collaboration bietet nach seiner Ansicht ideale Voraussetzungen für die Zusammenarbeit von global verteilten Entwicklungsteams: Die Ingenieure finden die Daten auf Anhieb, können sie ohne Einschränkungen weiter verwenden und offene Fragen mit den anderen Teammitgliedern in Online-Konferenzen besprechen. „Selbst wenn die Online-Kommunikation mal etwas langsamer läuft, ist man immer noch Hundert mal schneller als wenn man sich dafür ins Auto oder Flugzeug setzt. Das muss man nur erst mal in den Köpfen der Anwender verankern.“ Michael Wendenburg/Stefan Graf