Interview: Prototyping
3D-Druck verbessert die Qualität von Werkzeugen
Über die Bedeutung des 3D-Drucks für die Prototypenherstellung und deren künftige Trends sprach Andreas Mühlbauer mit Prof. Dr.-Ing. Stefan Roth, Hochschule Schmalkalden, Labor für Angewandte Kunststofftechnik und Leiter des VDWF-Arbeitskreises Additive Fertigung.
Herr Dr. Roth, wie verändert sich die Herstellungszeit neuer Werkzeuge durch die Digitalisierung und neue Methoden im Prototyping?
Ein großer Wunsch ist natürlich die signifikante Reduzierung der Herstellungszeit. Schaut man sich die Entwicklungsprozesse für Produkte über die letzten Jahrzehnte an, so wurden Entwicklungszeiten durch den Einsatz von CAD-/CAM-Technologien, Simulation und letztendlich auch mit Hilfe additiv gefertigter Prototypen immer weiter reduziert. Somit tritt die Dauer der Phase des Werkzeugbaus im Entwicklungsprozess immer stärker in den Vordergrund. Hier müssen wir schneller werden ohne unseren Qualitätsanspruch aufzugeben. Ein Werkzeug aus additiver Herstellung wird dabei nicht unbedingt schneller herzustellen sein als ein konventionell subtraktiv durch Fräsen, Erodieren etc. hergestelltes Werkzeug. Der Einsatz additiver Herstellung verspricht vielmehr eine Erhöhung der Produktqualität und einen stabileren, schnelleren Herstellprozess, beispielsweise durch den Einsatz konturnaher Kühlung. Damit kann durch das Werkzeug ein Mehrwert für das Produkt und damit für den Werkezugkunden geschaffen werden.
Die Möglichkeiten der Digitalisierung sind vielfältig und daher logischerweise in ihrer Wirkung noch nicht komplett absehbar. Schaut man auf den Prozess der Herstellung eines Werkzeuges vom Auftrag über die Fertigungsplanung, die Fertigung selbst und Qualifizierung bis hin zur Dokumentation, so bieten sich hier sicher vielfältige Möglichkeiten, durch Digitalisierung Prozesse zu optimieren und damit dann doch letztendlich auch Herstellzeit einzusparen und vielleicht weniger Runden der Optimierung zu drehen.
Dies kann am Anfang mit der Aufnahme der Produktgeometrie zum Beispiel durch Scantechnologie als Alternative zum CAD beginnen. Die Modelle können aufbereitet schließlich für die Werkzeugherstellung genutzt werden. Denkbar wäre auch, die Maschinen zur Werkzeugherstellung „intelligenter“ zu machen, beispielsweise durch Verknüpfung der erreichten Qualitätsmerkmale des Werkzeuges wie Oberflächengüte und Maßhaltigkeit zu den Fertigungsparametern. Dies kommt dann schon der Vision einer „selbstlernenden“ Werkzeugmaschine sehr nahe. Wie weit es bis dahin noch ist, kann man nicht genau absehen. Der Weg stimmt auf jeden Fall. Die Digitalisierung eröffnet somit viele Möglichkeiten. Was alles möglich ist und wie es uns an welcher Stelle hilft, ist noch offen.
Welchen Einfluss hat der 3D-Druck auf den Werkzeug- und Formenbau?
Die Möglichkeit der freien Formgebung durch den 3D-Druck erlaubt bereits die weitestgehend freie Gestaltung und Auslegung der Kühlkanalgeometrie zum Beispiel in Spritzgießwerkzeugen. Damit dieser Vorteil auch für die Bauteilqualität wie bessere Oberflächen und geringeren Verzug sowie die erhoffte Zykluszeitreduzierung voll zum Tragen kommt, gilt es die Kühlkanäle gleichmäßig balanciert auszulegen und auch die Voraussetzungen für die Bereitstellung des Kühlwassers zu berücksichtigen. Erst dann kommen die Vorteile voll zum Tragen. Bei Druckguss- und Spritzgießwerkzeugen wird dies bereits praktiziert, wenn auch die breite Anwendung noch auf sich warten lässt. Die Anwendung der Extrusionswerkzeuge ist hierfür noch kaum erschlossen.
Komplette Werkzeuge im 3D-Druck hergestellt sind noch Zukunftsmusik. Obwohl es hier schon vielversprechende Ansätze gibt zum Beispiel für die Herstellung von geschäumten Vorteilen, wie die Entwicklung des Fraunhofer IAPT mit Projektpartnern zeigt.
Daneben zeigen bereits Forschungsarbeiten, wie beispielsweise der TU Ilmenau, Fachgruppe Fertigungstechnik und der Hochschule Schmalkalden, Labor Angewandte Kunststofftechnik die Möglichkeit, durch Nutzung von Schweißverfahren direkt Werkzeuge in größeren Dimensionen aufzubauen. Mittelfristig wird sich der additive 3D-Druck neben den subtraktiven Herstellmethoden als zusätzliches Verfahren im Werkzeugbau etablieren.
Mit welchen Entwicklungen im Prototyping rechnen Sie für die Zukunft?
Das Rapid Prototyping, also die Herstellung von Anschauungs- und Versuchsmustern durch additive Fertigung ist mittlerweile fester Bestandteil im Entwicklungsprozess. Der Wunsch ist hier natürlich, möglichst nahe mit dem Prototyp an die Eigenschaften des Endproduktes zu kommen. Für Kunststoffteilen besteht somit der Wunsch, mit dem Material zu drucken, welches später auch für die Serie zum Einsatz kommt. Hier gibt es mit dem Arburg Freeformer oder AIM3D bereits erste Systeme und weitere folgen. Daneben werden etablierte Verfahren wie der filamentbasierte FDM-Druck fortlaufend weiterentwickelt. So ist der Druck faserverstärkter Bauteile mit hoher Festigkeit möglich. Neue Ideen zur Verbesserung der Oberflächenqualität wie das Anstellen der Düse für den Druck oder verbesserte Nachbearbeitungsverfahren kommen neu auf den Markt. Das Drucken von Metallen im FDM-Verfahren hat mittlerweile eine gute Qualität erreicht und bietet eine Alternative zu den pulverbasierten SLM-Verfahren bilden. Insgesamt ist die Entwicklung in allen Bereichen noch sehr dynamisch und bringt jedes Jahr noch neue Technologien und Optimierungen hervor. Kurzum, es bleibt spannend!