PTC Live 2012

7 Schlüsselfaktoren für künftige Wettbewerbsvorteile

Das Marktforschungsunternehmen Oxford Economics hat im Auftrag von PTC eine weltweite Umfrage unter 300 Führungskräften über die Auswirkungen von strukturellen Veränderungen in der Industrie und innerhalb ihrer Unternehmen durchgeführt. Ziel der Umfrage war es, Schlüsselfaktoren für künftige Wettbewerbsvorteile zu identifizieren. PTC-President and CEO James E. Heppelmann präsentierte die Ergebnisse im Rahmen der diesjährigen PTC Live in Stuttgart.

68% der befragten Vorstände waren der Meinung, dass ihre Unternehmen in den nächsten 3 Jahren tiefgreifende Transformationen ihrer Geschäftsprozesse durchlaufen müssen

Was ist der Grund für diese Einschätzung? Während der zurückliegenden 50 Jahre konzentrierten sich Unternehmen im Wesentlichen auf die profitable Produktion qualitativ hochwertiger Produkte. In jüngster Zeit ist die Hebelwirkung solcher produktionszentrischer Strategien in erheblichem Maße zurückgegangen, weil die Industrie in der Produktion ein Niveau erreicht hat, das eine nachhaltige Differenzierung in diesem Bereich kaum mehr zulässt.

71% der Befragten sind der Meinung, dass in den kommenden 3 Jahren die Optimierung von Produktionsprozessen nicht mehr sein wird als eine Grundvoraussetzung.

Der Weg zu einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil in der Fertigungsindustrie macht ein grundsätzliches Überdenken der wichtigsten Unternehmensabläufe erforderlich - von der Art und Weise, wie Produkte entwickelt, produziert und gewartet werden, bis hin zu den zugrundeliegenden Geschäftsmodellen. Diese strategische Neuausrichtung ist auf eine Reihe von Einflussgrößen zurückzuführen, die in Summe die produzierende Industrie in einem Ausmaß beeinflussen werden, dass dies den Auftakt zu einer fundamentalen Transformation darstellen wird.

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Sieben Einflussgrößen

Wir befinden uns derzeit in der frühen Phase einer Transformation, die Veränderungen in einem Ausmaß nach sich ziehen kann, wie sie die Industrie seit der industriellen Revolution nicht mehr erlebt hat. Eine genaue Analyse der Einflussgrößen bringt die Ursachen dieser Transformation zu Tage und bietet wertvolle Hinweise für künftige Wettbewerbsvorteile.

PTC hat sieben Einflussgrößen identifiziert. Einige von Ihnen sind bereits seit längerer Zeit bekannt, andere sind erst in jüngerer Zeit hinzugekommen. In Summe ergeben sie das Potenzial für tiefgreifende Transformationen:

Digitalisierung

Definition: Digitalisierung bezeichnet die Ablösung von analogen Produkt- und Service- Informationen durch digitale Medien, die in der gesamten Wertschöpfungskette nutzbar sind (von der Entwicklung über die Fertigung bis zum Service).

Transformationspotenzial: Digitalisierung ist zwar kein grundsätzlich neuer Trend, sie wird aber weiterhin ein hohes Maß an Trans- formationspotenzial haben. Man denke nur an zusätzlichen Wettbewerb durch Desktop- Entwickler, an den schnellen Verlust von Alleinstellungsmerkmalen (Commoditization), oder an neue Funktionen, die das Verhalten eines Produktes nicht nur bestätigen sondern sogar vorhersagen können.

Aus diesem Grund erlebt der Bedarf an 3D Modellen für digitale Mock-Ups eine wahre Explosion. 3D Drucker sind heute in der Lage, Teile direkt aus digitalen Modellen herzustellen. Die Möglichkeiten des 3D-Drucks entwickeln sich dabei rasch über den Prototypenbau hinaus in Richtung echter additiver Fertigungsverfahren.

Die Nutzung von 3D-Modellen und Simulationsverfahren im Service Lebenszyklus ermöglicht auch eine erhebliche Produktivitäts- verbesserung im Service, da der Service- techniker jetzt alle Handgriffe digital darstellen kann.

Beispiel: College Park Industries, ein führender Hersteller von High-Tech Prothesen, verwendet CAD-Modelle für die Simulation der Passform für individuelle Kunden und nutzt 3D Simulation für die Analyse des Verhaltens des physischen Produkts. Eine einzige Produktlinie wie der Trustep Foot von College Part, umfasst mehr als 400.000 gültige Kombinationen für die Ableitung einer individuellen Kundenkonfiguration.

Mithilfe von 3D-CAD-Modellen simuliert College Park Belastungen in dem 3D-Modell einer Prothese und kann so Fehlerquellen identifizieren, ohne physikalische Prototypen aufbauen zu müssen. Dies trägt zu einer Verkürzung der durchschnittlichen Entwicklungszeit für individuell angepasste Prothesen in Höhe von mehreren Monaten bei.

Durch die Digitalisierung von Produkt- und Service-Informationen und durch die Nutzung des Internets können Unternehmen geografische Grenzen überwinden.

Globalisierung

Definition: Globalisierung steht für die Öffnung regionaler Märkte durch Technologie, die ökonomische und geografische Grenzen überwindet und Zugang zu neuen Märkten eröffnet.

Transformationspotenzial: Die weltweite Nachfrage nach Produkten der produzierenden Industrie verlagert sich immer schneller auf neue geografische Märkte. Laut einer McKinsey Studie jüngeren Datum kommen im Jahr 2015 bis 70 der weltweiten Nachfrage aus Entwicklungsländern. Historisch gesehen wurden Innovationen in zentralen, abgeschlossen Labors zur Fertigungsreife entwickelt. Heute erfordert die wachsende Nachfrage aus globalen Märkten eine andere Herangehensweise.

Um in dieser neuen globalisierten Welt erfolgreich zu sein, müssen Arbeitskräfte über geografische Grenzen hinweg in allen Phasen des Produktentstehungsprozesses zusammen- arbeiten können: von der Entwicklung bis zur Fertigung, bis hin zum Service. Technologie hilft dabei, die traditionellen Grenzen zu überwinden und den Zugang zu wichtigen Märkten zu erschließen.

Beispiel: Agco, ein Landmaschinenhersteller mit 3.100 unabhängigen Vertretungen in 140 Ländern hatte sich das Ziel gesteckt, die Qualität zu verbessern und gleichzeitig Markt- einführungszyklen zu kürzen.

Zu diesem Zweck baute das Unternehmen eine zentrale Informationsquelle für digitale Produkt- informationen auf und konnte dadurch eine saubere Übergabe von der Entwicklung in die Fertigung bis hin zum Service im Rahmen einer geografisch weitverzweigten Entwicklungs- mannschaft realisieren. Diese Transformation etablierter Geschäftsprozesse ermöglichte eine drastisch erhöhte Mehrfachverwendung von Baugruppen und bessere standort- und teamübergreifende Änderungsprozesse.

Die Globalisierung der Märkte bringt auch eine wachsende Anzahl von Vorschriften und Regularien mit sich, mit denen sich Hersteller auseinandersetzen müssen.

Regularien

Definition: Einhaltung von behördlichen Richtlinien und Etablierung von Industriestandards in Bezug auf Umweltschutz, Gesundheit, Sicherheit und freiem Warenaustausch.

Transformationspotenzial: Die produzierende Industrie muss sich auf eine wachsende Anzahl von Vorgaben und Richtlinien in Bezug auf Umweltschutz, Gesundheit, Sicherheit und freien Warenaustausch einstellen. Aus einer Studie der MAPI (Manufacturers Alliance for Productivity and Innovation) geht hervor, dass die Kosten für die Einhaltung und den Nachweis dieser Normen und Vorschriften erheblich schneller gewachsen sind, als die Wirtschaft insgesamt.

In erheblichem Maße davon betroffen ist die produzierende Industrie. Laut Schätzungen von MAPI sind allein in der Fertigungsindustrie in dem letzten 30 Jahren 2183 neue Vorschriften aufgestellt worden. Manuelle Prozesse sind in diesem Zusammenhang nicht nur schwerfällig und zeitaufwändig, sie beinhalten auch erhebliche Risken in Bezug auf Compliance.

Beispiel: Motorola Mobility ist ein führender Hersteller von Mobiltelefonen. Das Unternehmen produziert 50.000 Produkte mit 300.000 Zulieferkomponenten, die von mehr als 4.000 Lieferanten können. In den USA ist es seit neuestem Vorschrift, dass Unternehmen den Einsatz von so genannten "Conflict Materials", die aus der Republik Kongo stammen, transparent machen müssen.

Motorola Mobility implementiert deshalb ein 'Due Diligence' Programm, im Rahmen dessen der Einsatz Konfliktmaterialien in der gesamten Lieferkette im Rahmen einer IT-Lösung dokumentiert wird. Durch diese Maßnahme zeichnet sich Motorola als Unternehmen mit sozialem Verantwortungsbewusstsein aus.

Die Globalisierung der Märkte bringt, die Notwendigkeit mit sich, Produkte an regionale Präferenzen anzupassen.

Personalisierung

Definition: Effiziente Anpassung von Produkten an regionale und individuelle Präferenzen

Transformationspotenzial: Effizient hergestellte, standardisierte Produkte sind nicht länger ausreichend, um einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. 57 aller Vorstände, die im Rahmen einer Studie von Oxford Economics befragt wurden, bezeichneten fragmentierende Kunden- erwartungen als wachsendes Problem. Es sei dringend erforderlich skalierbare Ansätze zu entwickeln, die es erlauben zunehmend fragmentierte Kundenanforderungen effizient zu bedienen. Das Ziel lautet skalierbare Differenzierung, die bei regionaler und marktspezifischer Anpassung beginnt und bis hin zu persönlichen Präferenzen reicht.

Zusätzlich zur einfachen Expansion in neue Märkte, ergeben sich eine Reihe von zusätzlichen Vorteilen, wie zum Beispiel die so genannte "Reverse Innovation": Ein Produkt, das für die Anforderungen eines spezifischen Marktes entwickelt wurde, kann auf kostengünstige Weise zu einem Produkt für globale Märkte weiterentwickelt werden.

Beispiel: Im Jahr 2002 entwickelte GE eine leicht bedienbares, portables low-cost Ultraschall- Gerät für den Einsatz in ländlichen Gebieten in China. Heute ist das portable Ultraschall-Gerät der Top-Seiler unter GE's Ultraschallgeräten für Chinesen. Aber, weit wichtiger noch, auch der weltweite Absatz von Ultraschallgeräten explodierte zwischen 2002 und 2011 von $5 Millionen auf 280 Millionen - was einer konsolidierten Wachstumsrate von 50 pro Jahr entspricht. Die portablen Ultraschallgeräte, obwohl für Schwellenländer konzipiert, verkaufen sich jetzt auch in den USA, und erschließen neue Anwendungsprofile für solche Geräte. Personalisierung und Innovation von Produkten bringt häufig den Einsatz von Embedded Software mit sich.

Software in Produkten

Definition: Integrierte, aus Hard- und Software bestehende Systeme, die hochentwickelte Mensch-Maschine Interaktionen, Diagnose- funktionen und Servicedatenerfassung ermöglichen.

Transformationspotenzial: In einem im Jahr 2011 erschienen Artikel im Wall Street Journal stellt der Autor Marc Andreesen die These auf, dass "die Software die Welt auffrisst". Er führte aus, wie eine Branche nach der anderen von Software in den Grundfesten erschüttert wird. Aus diesem Grund ist jedes Unternehmen gefordert, seine Kernkompetenzen um die Bereiche Softwarenwicklung und digitale Innovation zu erweitern.

In diesen "intelligenten" Produkten mit hohem Softwareanteil kommen Sensoren zum Einsatz, die es ermöglichen, Betriebsdaten zu sammeln, zu übermitteln und auszuwerten. Software ermöglicht auch die "Personalisierung" und Anpassung des Produkts an Kundenpräferenzen oder Einsatzbedingungen auf der Basis von Sensor Daten, maschinellen Lernprozessen und einer digitalen Bedienoberfläch.

Beispiel: Continental Automotive, ein Tier One Automobilzulieferer mit 120.000 Mitarbeitern weltweit, beschäftigt heute in einigen Bereichen mehr Softwareentwickler als Maschinenbauingenieure. Zu diesen Baugruppen und Systeme mit hohem Softwareanteil, die Continental an Automobilhersteller liefert, zählen z.B. Scheibenwischer und Regensensoren, die die Geschwindigkeit des Scheibenwischers automatisch auf die Regenmenge anpassen. Die Fahrzeughersteller ihrerseits greifen auf die von diesen Sensoren generierten Informationen zu, um Seitenfenster, Schiebedächer oder Cabrioverdecke automatisch zu schließen. Der zunehmende Einsatz von Embedded Software und Sensoren bietet die Grundlage für die Vernetzung von Produkten mit ihrer Umwelt.

Vernetzung

Definition: Vernetzung bezeichnet den Austausch von Informationen zwischen individuell adressierbaren Produkten, die mit Sensoren ausgestattet sind. Dies bildet die Grundlage für hochentwickelte Überwachungs-, Kontroll- und Kommunikationsfunktionen.

Transformationspotenzial: So genannte Smart Products werden in zunehmendem Maße miteinander vernetzt - mit uns, den Anwendern selbst, miteinander und mit ihrem Hersteller. Nach Angaben von Cisco waren der im Jahr 2012 8,7 Milliarden Geräte über das Internet vernetzt. Die Vernetzung ermöglicht es Herstellern, ihre Produkte zu überwachen und zu warten. Gleichzeitig bietet sie die Möglichkeit, anhand der gesammelten Anwendungsdaten zu besser verstehen, wie ihre Produkte genutzt werden und wie sie deshalb am besten gewartet werden und durch Zusatzdienstleistungen aufgewertet werden. Diese Fähigkeiten beschleunigen die Verlagerung der Wertschöpfung vom physikalischen Produkt hin zu seinen digitalen Eigenschaften und bieten Herstellern die Möglichkeit zur weiteren Differenzierung. Die Kehrseite der Medaille sind wachsende Anforderungen hinsichtlich Infrastruktur und eine größere Angreifbarkeit durch Cyberattacken.

Beispiel: Schneider Electric stellt Produkte für die Stromversorgung und Industrieautomation her. Etwa 40 des globalen Stromverbrauchs entsteht durch Gebäude und durch die Vernetzung von Heizungs- und Klimatechnik, IT und Sicherheit zu einem einzigen System kann die Energieffizienz erheblich verbessert werden. Durch integrierte Lösungen, wie sie von Schneider Electric hergestellt werden, kann der Energieverbrauch um bis zu 30 reduziert werden, wodurch wiederum die Betriebskosten sinken und die Geschäftsentwicklung positiv beeinflusst wird. Durch die Vernetzung von so genannten "Smart Products" entstehen völlig neue Geschäftsmodelle.

Servitization

Definition: Servitization beschreibt den strategischen Wandel vom reinen Sachgüterhersteller hin zum Lösungsanbieter mit individuellen Kundendienstleistungen und -services, die den gesamten Produktlebensyzklus abdecken.

Transformationspotenzial: Der Begriff "Servitization" wurde im Kontext der produzierenden Industrie erstmals im Jahr 1988 von Vandermerwe und Rada verwendet. Durch die Konvergenz der in diesem Dokument beschriebenen Einflussgrößen erhält dieser Trend derzeit eine ungeahnte Dynamik. Produkte und Dienstleistungen werden zu neuen Wertesystemen gebündelt, die als Service-on-Demand zur Verfügung gestellt werden und gleichzeitig das Eigentum und das Betriebsrisiko vom Kunden zurück auf den Hersteller verlagern. Der Strukturwandel setzt bei der Bereitstellung von Aftersales Supportleistungen ein, und geht über den Verkauf von Produkten mit umfassenden Garantieleistungen bis hin zum Abschluss von leistungsbasierten Serviceverträgen. Allerdings sind Entwicklung und Einführung von erfolgreichen Geschäftsmodellen alles andere als trivial.

Beispiel: Ingersoll Rand ist ein Unternehmen mit 14 Mrd. US-Dollar Jahresumsatz, das Produkte und integrierte Lösungen für Kälte- und Klimatechnik, Kompressortechnik und Sicherheitssysteme herstellt: Ingersoll Rand beschäftigt 30.000 Mitarbeiter, 2.000 Servicetechniker. Der Unternehmensbereich Trane ist ein Beispiel für die erfolgreiche Einführung eines neuen, servicebasierten Geschäftsmodells, im Rahmen dessen ein "angenehmes Gebäudeklima" als Dienstleistung verkauft wird. Derzeit werden 30 des Umsatzes von Trane über dieses Geschäftsmodell erwirtschaftet.

Erfolg durch strategische Neupositionierung

Die Auswirkungen der hier beschriebenen 7 Einflussgrößen und die sich daraus ergebenden Chancen müssen selbstverständlich für jedes Unternehmen individuell gewichtet werden - es besteht allerdings kein Zweifel, dass sie in Summe ein beträchtliches Potenzial haben, bestehende Strukturen grundlegend zu verändern. Es besteht ebenfalls kein Zweifel, dass die Auswirkungen auf die Wettbewerbsposition aller Marktteilnehmer überall spürbar sein werden. Industrieunternehmen müssen bestehende Geschäftsprozesse transformieren und die Art und Weise, wie sie ihre Produkte entwickeln, produzieren und warten auf den Prüfstand stellen, um dem Kunden und dem gesamten Ökosystem ein erweitertes Wertangebot bieten zu können. Die Unternehmen, die den Übergang meistern, werden eine nachhaltige Differenzierung erreichen.

Diskutiert wurden im Anschluss folgende Schlüsselfragen:

  • Haben wir ein ausreichendes Verständnis der Einflussgrößen, denen unser Unternehmen in den nächsten drei Jahren ausgesetzt ist?
  • Sind unsere aktuellen Transformationsinitiativen und Prioritäten auf diese Einflussgrößen abgestimmt?
  • Verfügen wir über die erforderliche Qualifikation unserer Mitarbeiter und über die geeignete Technologieplattfrom, um auf diese Einflussgrößen zu reagieren und sie zu unserm Vorteil nutzen zu können?
  • Verfügen wir über ein engagiertes Partner und Lieferantennetzwerk, die uns bei der Nutzung der sich ergebenden Chancen entsprechend unterstützen können?
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Fact SheetNachweispflicht für Konfliktmaterialien

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