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3D-konstruieren mit Autodesk-Freeware
Über 50.000 Downloads allein in den ersten fünf Wochen seit dem Launch im Mai dieses Jahres belegen das große Interesse, das Autodesks erstes 3D-CAD-Freeware-Produkt 123D ausgelöst hat. Anfang Juli gab es bereits ein Update auf 123D Beta 5, in der Fehler behoben und einige Features speziell im Bereich 3D-Druck verbessert wurden. So kann man jetzt auch 3D-Farbdrucken.
„Ausschlaggebend für die Entwicklung des Tools war die Erkenntnis, dass wir mit vielen unserer Produkte mehr Konsumenten als professionelle Anwender erreichen“, kommentiert Thomas Heermann den Erfolg der auch auf mobilen Plattformen laufenden Mal- und Zeichensoftware Autodesk SketchBook Pro und Homestyler, einem Wohnungs- und Einrichtungsplaner für den Webbrowser. Für den Director of Consumer Products bei Autodesk ist dabei besonders wichtig, dass „durch die mobilen Plattformen die Hemmschwelle zur Nutzung viel tiefer liegt als mit dem Computer“. Die erste Version der 123D-Software sei allerdings noch zu umfangreich, um auf einer mobilen Plattform zu funktionieren und sie sei relativ mechanisch orientiert. Künftige Produkte der Softwarefamilie sollen dagegen auf die Bereiche Holzbearbeitung, Schmuck, Organic Modelling sowie auf verschiedene Klassifizierungen von Anwendern zugeschnitten werden. Ausschlaggebend für die Beschäftigung mit einem 3D-Tool sei aber vor allem die Möglichkeit, etwas aus den Daten zu machen. Heermann gibt sich überzeugt: „Ein 3D-Modell zu generieren, dass man nur auf dem Bildschirm anschauen kann, ist verschwendete Zeit. Jetzt kann man aber ein reales Produkt erhalten.“
Obwohl 123D professionell genutzt werden kann – auch dann ist die Nutzung kostenlos – will Autodesk mit 123D und den anderen Produkten in seinem Portfolio hauptsächlich die Endkunden ansprechen. „Menschen, die dies eher als Hobby betreiben oder aus ihrem Hobby einen Beruf machen wollen“, erklärt Heermann. „Das Tool soll ihnen die Möglichkeit geben, sich Kenntnisse über die 3D-Konstruktion anzueignen sowie die Vorteile von 3D-Printing oder 2D-Lasercutting auszunutzen.“ Dazu soll das System in der zweiten Phase Kunden etwa den direkten Kontakt zu Anbietern additiver Fertigungstechnologien wie 3D Systems in Amerika vermitteln. „Wir haben in den USA angefangen, das System zu testen. Klappt es dort, bauen wir entsprechende Netzwerke auch global auf“, so Heermann. Zwar stehe man mit diesem Projekt ganz am Anfang, sei aber sehr dynamisch. „Alle vier Wochen wollen wir ein Software-Update herausbringen, in denen auch Anregungen der Anwender berücksichtigt werden. Wir haben ein sehr aktives Produktforum, in dem Entwickler und Produktmanager im direkten Kontakt mit den Anwendern stehen.“
Obwohl der Umgang mit 3D generell schwer sei, so Heermann, sei die 123D-Software so gestaltet, dass jeder schnell in 3D modellieren könne. Dazu wurde die Benutzeroberfläche komplett neu gestaltet. „123D verfügt über eine intuitive, logische und einfache Benutzeroberfläche“, bestätigt Philippe Drouant, ein 123D-Beta-Tester. „Die 3D-Modellierungsumgebung ist anders als jede andere, die ich bis jetzt ausprobiert habe.“ Für Kunden, die sich einfach mal mit 3D beschäftigen wollen und nicht gleich mit einem blanken Bildschirm beginnen wollen, stellt Autodesk zudem eine wachsende Bibliothek bestehender Objekte bereit, die nach Belieben modifiziert werden können.
In späteren Versionen soll das Tool auch vermehrt Hilfestellungen geben, wenn Produkte speziell für die Herstellung per 3D-Printing modelliert werden. „Wir reden derzeit mit 3D-Drucker-Herstellern wie 3D Systems, um die Software näher an deren Verfahren heran zu bringen“, berichtet Heermann – sprich, es soll möglich sein, Teile so zu erzeugen, dass sie umgehend gedruckt werden können. Da die verschiedenen Verfahren aber mit unterschiedlichen Materialien und Daten arbeiten, gibt es noch einiges zu berücksichtigen. „Ein Modell muss beispielsweise solide auf der Plattform stehen. Dazu gehört auch das Modelchecking – die Überprüfung, ob ein Modell möglichst fehlerfrei gedruckt werden kann.“ Ist das nicht der Fall, soll das Programm dem Konstrukteur aufzeigen, wo Probleme zu erwarten sind. Es könnte etwa den Vorschlag machen, ein Teil in einer anderen Orientierung zu bauen, um ein besseres Ergebnis zu erzielen und Hinweise geben, wo Stützmaterial benötigt wird. Wichtig ist aber auch die Anbindung der Software an den Druckertreiber, um die Daten reibungslos austauschen zu können. „Genau um diese Problematik kümmert sich bei uns ein eigenes Team.“ Der Product Line Manager schließt nicht aus, dass Erkenntnisse aus dieser Arbeit auch einmal in die professionellen Autodesk-Produkte einfließen könnten.
Ein Konkurrenzprodukt zur Autocad- oder Inventor-Software soll 123D jedoch nicht sein. Für Heermann geht es vielmehr darum, „die Marke Autodesk in Bereichen bekannter zu machen, in denen wir das noch nicht sind. So könnten sich vielleicht einige Nutzer später auch einmal entscheiden, professionell mit weiteren Autodesk-Lösungen zu arbeiten.“ 123D solle aber eben nicht nur ein Spielzeug sein, sondern auch kompliziertere Features bieten, die die Anwender nach und nach entdecken könnten. Damit verschwimme allerdings auch die Grenze zwischen kommerziellen Nutzern und Konsumenten, ist der Softwareexperte überzeugt. So nutzt etwa ein Arzt die Software, um Operationshilfsgerüste selbst zu entwerfen. „Wir sehen bereits viele kleine, aber sehr interessante Anwendungen“, berichtet Heermann. „Ich habe Schmuck gesehen, Holzbearbeitung, Prototypen im Architekturbereich und vieles mehr.“
Das Geschäftsmodell sieht vor, dass 123D immer kostenlos sein wird; spezielle Features oder spezieller Content – wie die Objekt-Bibliothek – können aber gegen eine Gebühr angeboten werden. Autodesk verdient auch mit, wenn jemand über diesen Service ein fertig modelliertes Objekt fertigen lässt. „Zudem wollen wir auch Businessmodelle für unsere Kunden anbieten. Hat jemand einen interessanten Datensatz generiert, soll er auch die Möglichkeit haben, diesen auf unserer Marktplattform an andere Anwender weiter verkaufen zu können.“ Auch wenn 123D nicht über High-End-Features – wie sie Autocad oder Inventor bieten – verfügt, genutzt wird es durchaus auch von professionellen Usern. Es kommt einfach auf das jeweilige Projekt an. Einschränkungen gibt es etwa bei der Komplexität von Baugruppen. Je komplizierter die Objekte werden, desto schwieriger lassen sie sich natürlich in 123D managen. „Eine Fertigungsstraße lässt sich hier nicht realisieren“, sagt Heermann. „Nichts desto trotz tummeln sich in unserem offenen Produktforum ein paar professionelle Jungs, die sich mit Inventor und Autocad auskennen, aber für bestimmte Dinge auch 123D nutzen“, so Heermann.
OBJ-Polygondaten lassen sich einlesen und DWG-Daten oder STLs exportieren. Die Projekte können im nativen 123D-Format gespeichert werden, aber auch als SAT-, DWG-, DXF-, IGES- oder STEP-File. In die Beta-5-Version wurde für den 3D-Farbdruck auch VRML (Virtual Reality Modeling Language) integriert.
„Viele Innovationen sind heute relativ schwer zugänglich“, meint Heermann. „Daher wollen wir im Herbst einiges liefern, mit dem sich die 3D-Modelle einfach in physikalische Formen oder Geometrie umsetzen lassen. Das kann auch ein Plüschtier werden.“ Ausgehend von dem 3D-Modell würde das Programm dem Nutzer dann die 2D-Schnittmusterteile vorgeben. „Da wird es auch für Hobbyisten interessant“, betont der Autodesk-Mitarbeiter nochmals: „Erst, wenn man auch sehen kann, was man erzeugt, hat man ein Interesse, 3D zu benutzen.“
Monika Corban,
freie Mitarbeiterin, CAD-CAM REPORT
Autodesk GmbH, München Tel. 089/54769-0, http://www.autodesk.de, http://www.123dapp.com