Roboterbasierter 3D-Druck

Andreas Mühlbauer,

Kunststoff trifft Metall

Roboterbasierter 3D-Druck auf metallische Grundkörper: Wissenschaftler der TU Braunschweig forschen an der individuellen Fertigung von Kunststoff-Metall-Bauteilen. Ein neu entwickelter Prozess zur Oberflächenstrukturierung stellt dabei den festen Verbund zwischen Metall und Kunststoff sicher.

Roboterbasierter 3D-Druck. © IWF/TU Braunschweig

Die Nachfrage nach kundenindividuell gefertigten Produkten nimmt seit Jahren stetig zu. Dies betrifft nicht nur die Medizintechnik mit der passgenauen und ergonomischen Fertigung von Implantaten oder Prothesen, sondern führt auch zu einer steigenden Variantenvielfalt beispielsweise in der Automobilindustrie. Die Folge ist eine sinkende Stückzahl je Bauteil, weshalb traditionelle Verfahren der Serienfertigung wie das Spritzgießen nicht mehr wirtschaftlich sind. Deshalb werden neuartige Produktionsverfahren benötigt, um auch geringe Stückzahlen kostengünstig und schnell zu fertigen und somit sehr flexibel auf Produktwechsel und individuelle Anpassungen reagieren zu können.

Roboterbasierte flexible Fertigung

Einen ganzheitlichen Lösungsansatz, der am Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik entwickelt wurde, stellt das Fertigungskonzept der sogenannten inkrementellen Fertigung dar, bei der günstige metallische Basisbauteile durch Umformprozesse sowie additive und subtraktive Verfahren individualisiert werden. Die einzelnen Bearbeitungsschritte werden dabei innerhalb einer roboterbasierten Fertigungszelle in flexibler Reihenfolge durchgeführt, um auf diese Weise eine vollautomatisierte Produktion individueller Produkte bei variablen Stückzahlen und zu geringen Stückkosten zu ermöglichen. Zwischengeschaltete Messschritte dienen dazu, bereits während des Prozesses Fehler zu erkennen und anschließend ausgleichen zu können.

Anzeige

Eine zuverlässige Verbindung von Kunststoff (beispielsweise PP oder ABS) und Metall (wie Aluminium oder Stahl) wird dabei durch mechanisch eingebrachte Verklammerungsstrukturen in der Metalloberfläche sichergestellt, die im Anschluss durch ein 3D-Druck-Verfahren vom Kunststoff aufgefüllt werden, wodurch eine formschlüssige Verbindung entsteht. Je nach Tiefe der Strukturen, die bis zu 3 mm betragen kann, lassen sich Kräfte bis zu 250 N pro Einzelstruktur übertragen. Zur Einbringung der Strukturen wird dabei ein selbst entwickeltes Strukturierungswerkzeug (Fully automated Structuring Tool, FauST) verwendet.
Dieses Werkzeug wird als Endeffektor an einem Industrieroboter eingesetzt, um neben planaren Flächen auch Freiformflächen flexibel bearbeiten zu können.

Da der hochproduktive 3D-Druckprozess keine ausreichend hohe Oberflächenqualität sicherstellt, findet nachträglich eine finalisierende Fräsbearbeitung des Produktes statt. Die dabei erzeugten Späne werden mit Hilfe einer adaptiven Spanerfassung nahe der Zerspanstelle abgesaugt, um die anderen Prozesse in der Bearbeitungszelle nicht zu beeinträchtigen. Damit es bei komplexen Oberflächengeometrien nicht zu Kollisionen kommt, passt sich die Position der Absaughaube der Oberflächenkontur des zu bearbeitenden Bauteils in Abhängigkeit der geplanten Bahn an. Die Drehzahl des Fräsprozesses wird auf Basis der Spindelleistung geregelt, da verschiedene Materialien (wie Kunststoffe oder Metalle) unterschiedliche Bearbeitungsparameter benötigen.

Alles in einer Zelle

Aufgrund der Verwendung von Robotern für die Fertigungsprozesse zeichnet sich die vorgestellte Prozesskette durch ein hohes Maß an Flexibilität und Modularität aus. Neben der Integration weiterer Werkzeuge zur Handhabung lassen sich zusätzliche Prozesse, wie das Lichtbogenschweißen, einfach in die Bearbeitungszelle integrieren. Neben Methoden zur Planung, Analyse und Optimierung der Prozesskette werden aktuell unter anderem Algorithmen zur Bahnplanung entwickelt und Strategien zur Digitalisierung solch eines flexiblen Systems entworfen. Durch eine prozessübergreifende Datennutzung sollen sowohl die Produktqualität als auch der Automatisierungsgrad weiter gesteigert werden.

Es ist davon auszugehen, dass die industrielle Anwendung der untersuchten flexiblen Prozesskette die Produktion von individuell gefertigten Bauteilen nachhaltig verändern wird. Insbesondere die freie Skalierbarkeit der Prozesskette hinsichtlich Stückzahlen, Bauteilgröße und -form ermöglicht es den Anwendern, individualisierte Produktionslösungen für personalisierte Produkte zu realisieren. 

Anzeige
Jetzt Newsletter abonnieren

Das könnte Sie auch interessieren

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige