Simulation

Technische Textilien am Rechner optimieren

Schutzwesten oder Bezüge von Autositzen müssen vielfältige Anforderungen erfüllen. Simulationen helfen dabei, solche technischen Textilien für ihren jeweiligen Einsatz zu optimieren. Fraunhofer-Forscher analysieren Struktur und Fasern sowie die Kontakte zwischen den einzelnen Fasern.

Ein technisches Textil wird auf einen Beispielkörper aufgezogen (links). Die Simulation analysiert, wie sich das Textil streckt und über die Körperoberfläche gleitet (rechts).

Der Anspruch an modische Textilien beschränkt sich primär auf die haptische Sensorik. Anders sieht es bei technischen Textilien aus, denn sie müssen unterschiedliche Ansprüche erfüllen. So brauchen beispielsweise Materialien für Schutzwesten eine vorgeschriebene Biegesteifigkeit: Prallt etwas dagegen, soll der Stoff den Träger schützen und nicht nachgeben. Textilien für Autositze müssen strapazierfähig sein, vor allem an den Kanten. Die Hersteller haben dabei zwei grundlegende Stellschrauben, über die sie die Eigenschaften einstellen können: die Garne sowie die Struktur, über die die einzelnen Garne miteinander verbunden sind - etwa spezielle Webmuster oder Flechtvarianten.

Die mechanischen Eigenschaften der Garne lassen sich relativ leicht feststellen: Mit einem Gerät, in das man sie einspannt. Es zieht an dem Garn und misst, welche Kraft erforderlich ist, um es um einen vorgegebenen Wert zu dehnen. Eine Aussage über die Eigenschaften des Gewebes ist jedoch schwieriger zu treffen: Das Gewebe muss produziert und anschließend untersucht werden. Naturbedingt kann es hier jedoch nur bei Stichproben bleiben. Es wäre zu aufwändig, mit den verschiedenen Garnen alle denkbaren Muster herzustellen.

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Durchgängige Simulation statt Stichproben

Das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) in Kaiserslautern hat nach eignen Angaben eine einfachere und zudem aussagekräftigere Methode entwickelt, um die Eigenschaften der Textilien zu optimieren. „Wir simulieren, wie sich die Stoffe verhalten“, sagt Dr. Julia Orlik, Wissenschaftlerin am ITWM. „Somit sind wir in der Lage, genau vorherzusagen, welche Eigenschaften die Textilien je nach Garn und Struktur haben.“ Die Vorteile: Die Forscher können mit der Simulation alle denkbaren Varianten an Mustern und Garnen untersuchen und analysieren, welche für die gewünschte Anwendung optimal ist. Und das, ohne die einzelnen Textilien herstellen zu müssen. Erstmalig simulieren sie dabei sogar den Kontakt zwischen den Garnen, und können somit vorhersagen, wie gut die einzelnen Fäden übereinander gleiten und welche Auswirkungen das auf das gesamte Gewebe hat.

Als Ausgangsbasis für die Simulation dienen die Parameter, die die Wissenschaftler von den Herstellern erhalten. Diese beziehen sich vor allem auf die Garne. In puncto Kontakteigenschaften ist das schwieriger: Nur wenige Hersteller können diese Parameter bestimmen. Daher nehmen die Forscher Messungen an ausgewählten realen Stoffstücken vor, vergleichen diese mit den Simulationen und passen die Parameter so an, bis sich die Ergebnisse aus Simulation und Experiment entsprechen.

Die Forscher analysieren nicht nur einzelne ausgewählte Strukturen, sondern verändern diese sukzessive. „Nehmen wir als Beispiel die Form einer Masche. Sie gleicht ein wenig einem griechischen Ω. Nun kann man dieses Ω länger und schmaler machen, oder aber kürzer und breiter. Wir verändern die Maschenform kontinuierlich und schauen, welche Auswirkungen das auf das gesamte Gewebe hat“, erklärt Orlik. „Kurzgefasst: Wir berechnen die beste Konfiguration.“ So können die Forscher auch klären, wie sich die Eigenschaften des Textils ändern, wenn beispielsweise dehnbareres Garn verwendet wird. Oder sie suchen die optimale Struktur für ein von einem Hersteller vorgegebenes Garn. cs

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