Technologie-Forum auf der Intec/Z 2017
Additive Fertigung: Raus aus der Prototypen-Nische
Das Technologieforum „Additive Fertigung“ zur Intec und Z demonstriert Anwendungen und Potenziale neuer Verfahren und Werkstoffe für die Industrie.
Additive Fertigungsverfahren sind dabei, die Prototypen-Nische zu verlassen und ihren Platz in der industriellen Produktion zu finden. Zur Intec und Z 2017 stellen Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Technologieforum „Additive Fertigung“ in Halle 2 Einsatzfelder dieser Schlüsseltechnologie vor. Am 8. und 9. März geben außerdem Referenten aus Industrie und Wissenschaft in einem Fachsymposium anwendungsorientierte Einblicke in Stand und Perspektiven der additiven Fertigung.
Partner der Leipziger Messe bei Konzeption und Organisation des Forums ist das Fraunhofer IFAM. Das Institut hat mit über 20 Jahren eine lange Tradition in der additiven Fertigung an den Standorten Bremen und Dresden. „Allein bei uns in Dresden entwickeln wir mit dem Elektronenstrahlschmelzen, dem 3D-Siebdruck und neu dem metallischen Fused Filament Fabrication gleich drei unterschiedliche Verfahren weiter“, so Prof. Bernd Kieback, Leiter des Institutsteils Dresden. Der Schwerpunkt wird auf die Erzeugung metallischer Strukturen für die Industrie gesetzt. „Es ist schwierig, einzelne Entwicklungen hervorzuheben, da sich der gesamte Markt als sehr innovativ darstellt. Im Moment ragen die Pulverbettverfahren mittels Laser oder Elektronenstrahl heraus und beinahe täglich finden sich in der Fachliteratur neue Entwicklungen“, betont der Experte für Pulvermetallurgie. Er verweist darauf, dass das Potenzial dieser neuen Fertigungsmethoden noch nicht voll ausgeschöpft sei. „Zusätzlich existiert gerade im Mittelstand noch eine große Unsicherheit über die Möglichkeiten und Chancen der additiven Fertigung“, unterstreicht Prof. Kieback.
Anlagentechnik auswählen
Bei der Anlagentechnik für metallbasierte additive Verfahren gehören deutsche Hersteller zur internationalen Spitze. Basis dafür sind nicht zuletzt die Entwicklungsleistungen in der hiesigen Wissenschaft. Mit rund 20 Jahren Erfahrung im Additive Manufacturing metallischer Bauteile mit selektivem Laserschmelzen (Selective Laser Melting - SLM) gilt das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen als führende Forschungseinrichtung auf diesem Gebiet. Stand und Trends in der Anlagenentwicklung beleuchtet Florian Eibl in seinem Vortrag am 8. März. Der Teamleiter Anlagen- und Komponentenentwicklung SLM am ILT geht vor allem auf die Wahl der passenden Anlage ein. „Hier empfiehlt es sich, immer vom Bauteil aus zu betrachten, mit welchen Verfahren und welchem Anlagentyp der größtmögliche Nutzen zu erzielen ist. Geplante Applikationen, Stückzahlen und Auslastung sind Einflussfaktoren, die man bei der Anschaffung berücksichtigen sollte“, regt er an.
Concept Laser aus dem fränkischen Lichtenfels, Anbieter von Maschinen- und Anlagentechnik für den 3D-Druck von Metallbauteilen, gibt einen Einblick in sein Leistungsspektrum. Das Unternehmen erschließt mit dem patentierten Laser-Cusing-Verfahren – ein pulverbettbasiertes Laserschmelzen von Metallen – neue Freiheiten bei der Formgebung von Komponenten und erlaubt auch die werkzeuglose, wirtschaftliche Fertigung hochkomplexer Bauteile in kleineren Losgrößen. Die 3D-Metalldrucker des Unternehmens verarbeiten unter anderem Pulverwerkstoffe aus Edelstahl und Warmarbeitsstählen, aus Aluminium- und Titanlegierungen sowie aus Edelmetallen.
Möglichkeiten bei der Bauteileauslegung
Citim, ein Anbieter additiv gefertigter Metallbauteile, demonstriert seine Leistungen an verschiedenen Teilen aus Aluminium-, Edelstahl-, Inconel-, Kupfer- und Titanlegierungen, unter anderem für den Automobilbau sowie die Raumfahrt. Ein Beispiel für den Einsatz der additiven Fertigung ist ein Antennenarm für einen Erdbeobachtungssatelliten, der topologieoptimiert wurde und zu einer 40-prozentigen Gewichtsreduktion gegenüber der bisherigen Konstruktion führt. Welche Möglichkeiten die Anwendung von additiven Fertigungstechnologien bei der Bauteilauslegung bieten, wird Peter Böttner, Citim-Projektingenieur am 8. März referieren.
Auch das Unternehmen 3D-Metall Theobald aus Leipzig gibt Einblicke in sein Leistungsspektrum. „Wenn es um kompliziert geformte Bauteile in geringeren Stückzahlen geht, bietet diese neue Technik in punkto integrierender Bauweise und Leichtbau Gestaltungsmöglichkeiten, die mit konventionellen Verfahren nur schwer oder gar nicht zu realisieren sind.“, so Firmengründer Hans-Werner Theobald zum Thema additive Fertigung. Theobald verweist auf Düsen für die Sterilisationstechnik, die bei ihm mittels selektiven Laserschmelzens entstehen. Hier können auf einen standardisierten Grundkörper in einem Prozessschritt verschiedene Varianten aus Bronze aufgesetzt werden.
Rechtliche Aspekte nicht vergessen
Die rechtlichen Aspekte in der digitalen Prozesskette gewinnen an Bedeutung. Dazu wird Marco Müller-ter Jung im Fachsymposium am 9. März sprechen. Der Fachanwalt für IT-Recht von der DWF Germany Rechtsanwaltsgesellschaft engagiert sich als stellvertretender Vorsitzender des 2016 gebildeten VDI-Fachausschusses „105.5 Additive Manufacturing – Rechtliche Aspekte der additiven Fertigungsverfahren“ für die Identifikation von juristisch relevanten technischen Fragen dieser disruptiven neuen Technologie. „Daten sind heute relativ offen zugänglich und werden unternehmensübergreifend genutzt und je nach Prozessschritt gewandelt. Wem gehören welche Daten? Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für die Partner in der Wertschöpfungskette? Wie wird Sicherheit und Unverfälschtheit gewährt? Wer haftet, wenn das Endprodukt Mängel aufweist?“, umreißt Müller-ter Jung die Komplexität. Ina Reichel/as