Funktionenintegrierende Kunststofftechnik
Uni Kassel forscht an intelligentem Kunststoff
Strom leiten, Wärme transportieren, Bakterien töten – all diese Fähigkeiten wollen Forschende der Universität Kassel neuartigen Kunststoffen beibringen. Für Projekt- und Grundlagenforschung wurde das Anwendungszentrum „Funktionenintegrierende Kunststofftechnik“ (Unifipp) gegründet.
Bereits jetzt sind Polymere ein wertvoller Werkstoff für die Industrie: Sie verbinden ein geringes Gewicht mit einer hohen Stabilität und kommen daher häufig dort zum Einsatz, wo Ressourcen eingespart werden sollen – etwa im modernen Automobilbau. Inzwischen sind sie nicht mehr nur aus Erdöl herstellbar, sondern auch aus nachwachsenden Rohstoffen. Doch Kunststoffe können mehr, finden die Kasseler Wissenschaftler:innen. Neue Eigenschaften würden ihren Einsatzbereich deutlich vergrößern: So könnten sich in der Medizintechnik Teile selbst sterilisieren, Fensterscheiben sich automatisch verdunkeln oder spezielle Schichtaufbauten in Fenstern, Fassaden oder Autos Strom produzieren.
Dafür experimentieren die Forschenden im Unifipp mit verschiedenen Thermoplast-Mixturen, Zusatzstoffen oder besonderen Fertigungsverfahren. Viele der angestrebten Eigenschaften lassen sich durch die Kombination bestimmter Kunststoffschichten erzeugen. Einige der Produkte funktionieren weltweit bereits im Labor oder zumindest in der Theorie – das Unifipp soll ein Ort sein, wo sie marktreif werden. Dabei kooperiert es eng mit Unternehmen aus der Region und darüber hinaus.
Das Anwendungszentrum hat in den vergangenen Jahren dafür eine Anschubfinanzierung von 2,3 Millionen Euro vom Land Hessen erhalten, aus EFRE-Mitteln sowie dem Innovations- und Strukturentwicklungsbudget. Auch ein Förderkreis machte sich für die Einrichtung stark. Weitere Mittel spielt das Unifipp über Drittmittel-Projekte selbst ein. Das Zentrum kann nicht nur auf eine langjährige Spitzenforschungs-Expertise am Institut für Werkstofftechnik der Universität Kassel aufbauen, sondern auch auf eine hervorragende Infrastruktur zurückgreifen. Dazu zählen u.a. spezielle 3D-Drucker, Beschichtungsanlagen sowie Standard- und Sonderverfahren im Spritzguss und der Extrusion.
„Die Verknüpfung von Forschung, Lehre und industrieller Anwendung ist unsere große Stärke“, betont Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter Heim, der wissenschaftliche Leiter des Zentrums. „Das Potenzial ist riesengroß. Wer vielseitige und leichte Bauteile herstellen kann, spart Ressourcen und gewinnt Wettbewerbsvorsteile.“
Prof. Dr. Michael Wachendorf, Vizepräsident für Forschung, ergänzt: „Das Anwendungszentrum erweitert unsere Infrastruktur in einem Profilbereich der Universität, der Materialwissenschaft. Wir gewinnen durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen nicht nur neue Forschungsansätze, sondern können auch unsere ohnehin engen Forschungskooperationen mit der Region stärken.“
Das Unifipp befindet sich am Campus Holländischer Platz der Universität Kassel. Es hat derzeit fünf Beschäftigte. Geschäftsführer ist Michael Hartung.